Da freut man sich als Papa schon, wenn man einen Sohnemann hat, der es so wie seine Eltern liebt, im Herbst durch Wälder zu laufen und Pilze zu sammeln. „Marone“ ist sein neues Lieblingswort. Mit stolzgeschwellter Brust geht man da durchs Leben, wenn man dann noch feststellt, der Kleine hat jetzt schon weit über einhundert Wörter drauf.
Vor ein paar Monaten sah es überhaupt noch nicht danach aus. Da dachte ich noch, mein Gott, haben wir ein schweigsames Kerlchen daheim. Doch kommen täglich neue Wörter hinzu. Wundersamer Weise passieren neuerdings Momente, in denen uns Benny sogar Entscheidungen abnimmt. So wie heute. „Mensch Benny, was machen wir denn nachher Schönes?“, fragte ich, ohne eine detaillierte Antwort zu erwarten. Trotzdem kam eine: „Wald fahren, Pilze sammeln!“ Was für eine wundervolle Idee! Eine halbe Stunde später hüpfte Benny aus dem Auto, rannte in den Wald und schrie: „Marone!“. Dass es sich bei näherer Betrachtung sogar um einen überaus stattlichen Steinpilz handelte, steigerte die Stimmung ins Unermessliche.
Überall standen laut Benny: „Maronen!“, die allerdings bei näherer Betrachtung eher Champignons, Riesenschirmpilze oder Steinpilze waren. Der familiäre Streifzug durch die Heide endete mittags mit prall gefüllten Pilzkörben, einem neuen Wort aus Bennys Mund: „Pepperling“, der eigentlich ein kleiner, gelber Pfifferling werden sollte, und mit einem fantastischen Anblick auf dem Weg Richtung Auto: ein makelloses Exemplar von einem Fliegenpilz, den sich Benny sofort schnappte. „Den lassen wir lieber hier, der schmeckt nämlich gar nicht gut!“, erklärte ich ihm. „Der sieht aber so schön aus, lass ihn uns mitnehmen. Den stellen wir zur Dekoration bei Oma und Opa in den Garten.“, schlug seine Mami vor.
Okay.“, gab ich mich geschlagen, und der Knirps freute sich, dass er nun einen großen, leuchtendroten Pilz mit weißen Punkten in seinem Zwergenkörbchen transportieren durfte: „Pilz! Fliege! Für Oma!“ Kurz darauf kam uns ein älteres Pilzsammlerpärchen entgegen, das Bennys Korb ganz genau musterte, nicht ohne den ernstgemeinten Hinweis: „Na Kleiner, den Pilz darfst du aber nicht essen!“, mit einem leicht strengen Blick in meine Richtung. „Das weiß er doch.“, versuchte ich zu beruhigen.
Benny erklärte dem Pärchen zusätzlich, um was für einen Pilz es sich schließlich handelt: „Pilzfliege!“ Nun dachten wir, das Thema sei durch, aber einen Hinweis gaben ihm die beiden dann doch noch: „Der ist ganz dolle giftig! Der ist nicht für deinen Mund gedacht!“ Benny antwortete darauf ganz enthusiastisch mit weit aufgerissenen Augen: „Nein, für Oma!“ Der Blick des Pärchens hatte einen gewissen Seltenheitswert, meine Frau und ich konnten uns das Schmunzeln irgendwie nur schwer verkneifen.
Kolumne von Ingolf Kloß (Radio SAW)