
Entspanntes Kind
Schon Kinder sind häufig gestresst. Woher das kommt und was sich dagegen tun lässt, erzählt Silvia Heuer, Expertin im Bereich Stressbewältigung.
Wie wirkt sich Stress bei Kindern aus?
Stress sorgt bei Kindern für Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, schlechte Konzentrationsfähigkeit oder Unentschlossenheit. Man sieht den Stress auch am Immunsystem. Kinder, die häufig gestresst sind, sind oft anfälliger für Infekte.
Was sind die Auslöser dafür?
Schulprobleme, mangelnde Aufmerksamkeit, Abweisung, all diese Dinge können bei Kindern Stress verursachen. Oft wird das Gefühl aber bereits von den Eltern auf die Kinder übertragen. Die Erwachsenen übergehen ihre Stresssymptome und reagieren zum Beispiel im Umgang mit ihren Kindern völlig überreizt.
Warum empfinden wir überhaupt Stress?
Dazu müssen wir sehr weit in die Geschichte zurückblicken. In der Steinzeit ging für uns von Säbelzahntigern noch die größte Gefahr aus. In Sekunden Bruchteilen mussten wir über Flucht oder Kampf entscheiden. Stresshormone wurden ausgeschüttet, unser Herzschlag beschleunigt, das Herzkreislaufsystem wurde aktiviert, die Verdauung eingestellt, das Adrenalin stieg. All diese Dinge haben uns damals geholfen, schnell und aus dem Unterbewusstsein heraus eine Entscheidung zu treffen. Konnte man dem Tier entkommen oder es erfolgreich bekämpfen? Dieser Vorgang passierte automatisch. War das Problem gelöst, regulierten sich die Stressfaktoren wieder und der Körper konnte entspannen. Noch heute laufen diese Prozesse bei Stress in unserem Körper ab. Es geht allerdings weniger ums Überleben. Heute stressen uns unsere Gedanken und Glaubenssätze, aber auch Lärm, Termindruck und die mediale Überpräsenz.

Entspanntes Kind
Was kann ich dagegen tun?
Ich vergleiche Stress gern mit einem Ballon, den du aufgepustet hast, er wächst und wächst. Wenn ich das Ventil aber nicht öffne, platzt der Ballon irgendwann. Unseren Kindern sollten wir deshalb vor allem nicht zu viel Freizeitstress auferlegen. Sie brauchen viel Zeit, die ihnen frei zur Verfügung steht. Wichtig ist es auch, nicht unsere eigenen Wünsche auf den Nachwuchs zu übertragen, auch wenn wir nur wollen, dass sie mehr Möglichkeiten haben als wir sie selbst hatten. Denn Kinder neigen dazu, diese Wünsche nur zu übernehmen, weil sie uns gefallen wollen.
Wie kann ich selbst entspannter auf alles reagieren?
Viel ist dabei geholfen, sich beim Denken zuzuhören. Worte wie, „ich muss“ und „nur noch schnell“ sollten dabei im besten Fall gestrichen werden. Statt Druck auf sich selbst auszuüben ist es besser sich zu hinterfragen: Wie reagiere ich im Stress? Wie bewerte ich die Situation? Was fordert die Gesellschaft von uns und was fordern wir von ihr? Und in Bezug auf das Kind: Warum handelt mein Kind so und was ist sein eigentliches Bedürfnis?
Was wirkt sich entspannend auf den Körper aus?
Auf jeden Fall nicht abends vorm Fernseher sitzen und sich berieseln lassen. Es kommt auf das bewusste Wahrnehmen an. Sigmund Freud sagte, 90 Prozent der Dinge, die wird tun, werden vom Unterbewusstsein gesteuert. Schon früh beim Zähneputzen denken wir nicht an das eigentliche Reinigen der Zähne, sondern hängen mit den Gedanken bei einer ärgerlichen Situation aus der Vergangenheit oder planen schon die nächsten Tagesordnungspunkte. Wir sind nicht im Hier und Jetzt und das ist das Problem. Je präsenter wir sind, desto wertvoller ist unsere Lebenszeit. Deshalb ist es wichtig, sich bewusst Zeit zu nehmen.
Entspannungstipp für Kinder:
Das Kind in den Bauch atmen lassen. Dafür den Bauch aufpusten lassen wie ein Luftballon und dann die Luft langsam wieder entweichen lassen. Das Ausatmen bringt Körper und Geist zur Ruhe, während bewusstes Einatmen die Konzentrationsfähigkeit erhöht.