Foto: Kathrin Thäger
Michael Bertram im Gespräch mit Kindern
Die Stadt Magdeburg entwickelt aktuell ein Konzept, das Kindern bei lokalen Themen mehr Mitbestimmung ermöglicht. Denn der Nachwuchs soll mitreden dürfen und wissen, wo seine Sorgen und Ideen gehört werden.
Kinder sollen ein Recht auf Mitbestimmung in der Gesellschaft haben und das nicht erst seit gestern. Bereits die Vereinten Nationen haben vor dreißig Jahren mit der UN-Kinderrechtskonvention genau dieses Recht auf Papier gebannt. Erwähnenswert ist zum Beispiel der Artikel 12, der die „Berücksichtigung des Kindeswillens“ beinhaltet oder Artikel 13 in dem es um die Meinungs- und Informationsfreiheit geht.
Doch blicken wir vom Schriftstück in die Wirklichkeit, hat sich dazu bisher wenig getan. Kinder werden bei Meinungsbefragungen noch immer viel zu oft vergessen oder nicht ernstgenommen. Die Stadt Magdeburg möchte das jetzt ändern und will dem Nachwuchs in Zukunft kontinuierliche Mitbestimmung an lokalen Entscheidungen ermöglichen.
Wie das aussehen soll? Dazu berät sich gerade ein Projektteam mit Vertretern aus Verwaltung, Politik und freien Trägern der Jugendhilfe. Dazu zählen zum Beispiel das Jugendamt, das Stadtplanungsamt, das Umweltamt, der Stadtjugendring und der Jugendhilfeausschuss. Erste Ergebnisse gibt es schon.
Doch fangen wir ganz vorne an. Auf Grund der Beschlüsse der UN hat Magdeburg zunächst Mitte der 90iger eine hauptamtliche Kinderbeauftragte eingestellt, die immer aus Sicht der Kinder auf das Geschehen in der Stadt blickt und dort dementsprechend deren Belange vertritt. Die Stadt hat sich zudem den Leitsatz gesetzt, ein kinderfreundlicher Ort sein zu wollen.
So gibt es zum Beispiel eine Kinderfreundlichkeitsprüfung, die Baumaßnahmen in der Stadt oder andere Projekte, die Kinder betreffen, auf ihre Kinderfreundlichkeit prüft. Es wurden im Laufe der Jahre auch immer mal wieder Konzepte für eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen angestoßen. Doch Initiativen wie „jungbewegt“, „Jugend im Stadtrat“ oder „Jugendforum Magdeburg“ waren entweder nur von kurzer Dauer oder wurden nach gewisser Laufzeit aus verschiedenen Gründen eingestellt. Andere Ideen wiederum, wie der Städtewettbewerb Zukunftsstadt oder die Kinderkonferenz, wurden ab einem gewissen Punkt von der Stadt nicht weiter fokussiert. Die Ideen der Kinder gerieten damit ebenfalls in Vergessenheit.
Als aktuell sichtbarste Kinderbeteiligung in der Stadt gilt wohl die Mitsprache bei der Planung neuer Spielflächen. Außerdem lädt der Oberbürgermeister regelmäßig zu 20minütigen Kindersprechstunden ein, zu denen sich theoretisch jeder junge Bürger anmelden kann. Darüber hinaus haben zum Beispiel einige KiTas in Magdeburg eine Kinderverfassung als festen Bestandteil integriert. Auch zur diesjährigen Armutskonferenz im März soll die Meinung der Kinder im Vorfeld erfragt werden. Dabei handelt es sich aber immer um wenige Einzelstimmen. Noch lange werden nicht alle Kinder in der Stadt gehört.
„Wir müssen neu durchstarten!“, sagt die Kinderbeauftragte Katrin Thäger. Bereits vor der nächsten Kommunalwahl, also noch im Frühjahr, soll es ein Grundkonzept geben, das aufzeigt, welche Strukturen aufgebaut werden müssen, damit die Beteiligung der Kinder langfristig intensiver möglich ist. Zum einen geht es darum Vernetzungen zu schaffen, um anderen von den bereits existierenden Projekten erzählen zu können. Zum anderen soll eine Möglichkeit geschaffen werden, dass Kinder direkt ihre Meinung äußern können. Ohne große Hürden und auf kurzem Wege. Dazu wurden im Laufe des vergangenen Jahres auch Befragungen mit Kindern und Akteuren aus der Kinder- und Jugendarbeit durchgeführt und über Wünsche und Forderungen gesprochen.
„Die Befragung machte deutlich, dass Kinder und Jugendliche ein ausgeprägtes Interesse für ihre Stadt zeigen und sie gern Stellung zu Themen beziehen, ob lokal oder global“, heißt es in der Handreichung zum Beteiligungskonzept der Stadt. Der Nachwuchs möchte mitgestalten, doch dafür fehlen ihm altersgerechte Informationen und konkrete Anlaufstellen.
Es braucht deshalb eine regelmäßige Abfrage und die Bereitstellung von Informationen an Orten, an denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten. Das könnten Schulen oder noch besser: Jugendclubs und Spielplätze sein. Denn wichtig ist, dass die Kinder dabei das Gefühl haben, in Sicherheit zu handeln. Sie also alles sagen dürfen, was ihnen wichtig erscheint, ohne dafür bewertet zu werden.