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Bisher ließ die Digitalisierung der Magdeburger Schulen auf sich warten, doch nun soll alles ganz schnell gehen. Wie realistisch ist das und was ist geplant?
Die Schule ist für viele der letzte Ort des Analogen. Jahrelang wurde dort vor allem mit Verboten auf die zunehmende Digitalisierung reagiert. Doch mittlerweile ist klar, dass es so nicht weitergehen kann. „Digitalisierung sollte selbstverständlich sein, weil sie einfach zu unserem Leben dazugehört. Auch wenn es einige Eltern und Lehrer gibt, die sich die analoge Schule weiterhin wünschen, um die Kinder mal nicht am Smartphone zu sehen.“, sagt Elke Noah, Stellvertretende Schulleitung in der Gemeinschaftsschule August-Wilhelm-Francke. Ihr ist zeitgemäße Bildung wichtig. Ein entscheidender Punkt dabei ist die Digitalisierung.
Bis 2021 sollen alle Schulen in Sachsen-Anhalt an das Glasfasernetz angeschlossen werden und damit über eine vorzeigbare Internetverbindung verfügen. Parallel wurde der „DigitalPakt Schule“ beschlossen. Noch die nächsten vier Jahre werden dadurch Fördergelder von rund 12,8 Millionen Euro allein für Magdeburger Schulen bereitgestellt, um die technische Vernetzung und Ausstattung zu finanzieren. Doch schon jetzt ist klar, dass das Geld nicht für alle Schulen in Magdeburg reichen wird. Zudem müssen die Schulen in Sachsen-Anhalt jeweils 10 Prozent der Kosten selbst übernehmen. Viele Schulen können sich das nicht leisten. Es werden also vor allem Bildungsstätten profitieren, die schon jetzt besser aufgestellt sind. Darüber hinaus enstehen laufende Kosten, zum Beispiel für Wartung, Administration, Software und Lizenzen. Noch ist unklar, wie dies weiterhin finanziert und die Technik möglichst nachhaltig betrieben werden soll. „Dafür könnten mit regionalen Partnern nachhaltige Konzepte entwickelt werden, die zum Beispiel kaputte Einzelteile an der Hardware schnell austauschbar machen.
Doch diese gibt es bisher nicht. So wird im schlimmsten Fall billige Technik eingesetzt, die eine sehr kurze Haltbarkeitsdauer hat. Und danach?“, gibt Dr. Volkmar Hinz zu bedenken. Er ist in Magdeburg Lehramtsausbilder für Informatiker und betreut an der Uni ein Labor für Schulinfrastruktur und digitale Lernwerkzeuge. Schon seit Jahren ist es ihm wichtig, die Magdeburger Schulen fit für die Digitalisierung zu machen. Doch bei der Stadt, und damit den öffentlichen Schulträgern, ist er in der Vergangenheit dabei auf taube Ohren gestoßen. „Ein vernünftiger Internetzugang gehört in vielen anderen Ländern genauso zum Schulalltag, wie Wasser und Strom. In Deutschland ist es schwierig in dem Bereich voranzukommen, weil die Entscheidung nicht zentral getroffen wird, sondern jedes Bundesland, jede Kommune dazu andere Ideen hat und sich das Ganze in ewigen Diskussionen verliert.“ erzählt Hinz.
Offen für seine Ideen und ausgestattet mit den finanziellen Mitteln war die Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis Bernburg. Ein freier Träger, der sich in Magdeburg für die Dreisprachige Internationale Grundschule sowie das Stiftungsgymnasium verantwortlich zeigt. Beide Schulen zählen in Sachsen-Anhalt mittlerweile zu den Leuchtturmprojekten im Bereich Digitalisierung. Informatikunterricht und eine digitale Lernumgebung mit eBooks und Office365 sowie digitale Tafeln und WLAN für Schüler, gehören ganz selbstverständlich zum Konzept der Schule.

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Von solchen Bedingungen können fast alle anderen Schulen in der Stadt bisher nur träumen. Sie müssen sich zunächst sehr konkret Gedanken darüber machen, wie sie die modernen Medien in die Schule integrieren wollen, danach wird über die technische Umsetzung und die Kostenaufwendung gesprochen. Ein Kraftakt, der wiederum Experten fortdert, die die Schulen angemessen beraten. Die Bereitschaft der Lehrer sich dafür in das Thema reinzudenken, muss ebenso gegeben sein. „Dabei ist es keineswegs so, dass die jüngeren Kollegen der Digitalisierung offener gegenüberstehen. Denn das Thema findet im Studium keine Erwähnung. Es hängt also immer von den Einzelpersonen ab, ob sie der Sache gegenüber aufgeschlossen sind oder nicht.“, so die Erfahrungen von Elke Noah, stellvertretende Schulleiterin. Mit Initiativen, wie „Lehramt@digital“ in Halle, gibt es mittlerweile zumindest Bestrebungen, die digitale Arbeit langfristig in der LehrerInnenbildung zu etablieren, um von Anfang an Kompetenzen in dem Bereich auszubilden. Natürlich verschärft auch der LehrerInnenmangel den Unmut, sich über das Thema Mediennutzung Gedanken zu machen und gleichzeitig zwingt genau dieser Umstand auch dazu, umzudenken. Das kann ein Antrieb sein.
Ganz sicher werden Medien auch in Zukunft keine LehrerInnen ersetzen. Eher im Gegenteil. Sie verlangen eine weitere Betreuung, damit die Nutzung reibungslos funktioniert. Doch das neue Medium bietet die Möglichkeit noch individueller auf die Lernfähigkeit des Einzelnen einzugehen und Ideen zu entwickeln, die Schüler in ihrer Lebenswelt abholen. Große Verlage stehen dafür bereits längst in den Startlöchern und arbeiten an digitalen Büchern, Lernvideos und -Apps. Der Schlüssel für die Zukunft liegt dabei im gemeinsamen Lernen. Lehrer und Schüler werden dabei zu einem Team. Kompetenzen wie Kommunikation, Zusammenarbeit, kreatives Denken und kritisches Hinterfragen stehen dann ganz oben auf dem Stundenplan und digitale Medien gehören dabei ganz selbstverständlich dazu. „Und der Lehrplan lässt dafür auch heute schon viel Spielraum, man muss ihn nur nutzen.“, so Elke Noah.
Für Schüler ist die Medien- und Informatikbildung wichtig, damit sie verstehen können, welche Folgen ihr Handeln im Netz hat und welche Gefahren, aber auch Möglichkeiten sich dadurch ergeben. „England macht da schon einiges richtig und vermittelt Informationen dazu bereits ab der ersten Klasse, und das flächendeckend an allen Schulen. Wir müssen endlich alle verstehen können, was da im Netz los ist, um nicht wenigen die Macht darüber zu überlassen.“, sagt Dr. Volkmar Hinz. Auch Elke Noah kann aus der Praxis bestätigen, dass ihre Schüler längst nicht so fit im Umgang mit Medien sind, wie viele glauben. „Es fehlt ihnen der kritische und sensible Umgang mit dem Medium. Außerdem sitzen sie heute nicht mehr vor PCs und können deshalb auch nicht damit umgehen.“ Die digitale Welt ist schnelllebig, ob die Schule darauf in Zukunft flexibel reagieren kann, wird sich zeigen.
Fest steht: Medienbildung in den Unterricht zu integrieren, kann nicht länger nur ein Wunsch bleiben. Denn als erstes Bundesland, hat Sachsen-Anhalt mit Beginn des laufenden Schuljahres die Bildung in der digitalen Welt als Kompetenzanforderungen im Lehrplan verankert. Ein vernünftiges Medienkonzept ist also ein Muss für zukünftige Bildungsarbeit an Schulen. Unterstützung gibt es dabei in Magdeburg vom Fachbereich Schule und Sport und vom Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA), das einen Leitfaden zur Erstellung eines Medienpädagogischen Konzeptes herausgegeben hat. Das LISA verfügt zudem über 14 medienpädagogische Berater, die Schulen im ganzen Land dabei unterstützen Medienkonzepte zu erstellen, damit sie sich die Gelder des „DigitalPakts“ zu Nütze machen können. Beantragt ist außerdem der Aufbau von 16 Netzwerkschulen sowie jeweils einem zentralen Netzwerkzentrum in Halle und Magdeburg. Hier sollen Schulen und Lehrer sich austauschen, Technik ausprobieren und von bewehrten Konzepten anderer Schulen profitieren können.