Es gibt einen neuen Vertreter für die Bedürfnisse und Rechte der Kinder und Jugendlichen. Holger Paech will den Heranwachsenden auf Landesebene mehr Gehör verschaffen. Wir haben ihn interviewt.
„Ich möchte als Türöffner fungieren und Dialoge eröffnen.“, sagt Holger Paech. Er ist seit Sommer 2020 Kinder- und Jugendbeauftragter des Landes Sachsen-Anhalt. In dieser Position ist es ihm wichtig die Kinderrechte zu stärken. Dabei liegt es ihm am Herzen, jedem Kind ein sicheres und gesundes Aufwachsen zu ermöglichen. Deshalb setzt er sich in besonderem Maße gegen sexuellen Missbrauch ein.
berschneidungen mit dem Thema Kinderschutz gab es für ihn bereits in seinen vorangegangen Berufsjahren. Seit 2017 leitete er die Geschäftsstelle der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder und übernahm dann das Referat "Frühe Hilfen und Kinderschutz“. Zuvor arbeitete er fast zwei Jahrzehnte als Pressesprecher im Sozialministerium.
Als Kinder- und Jugendbeauftragter schweben Holger Paech viele Ideen im Kopf herum, aber an oberster Stelle sieht er es als seine Aufgabe den Kindern zuzuhören und ihre Stimme zu verstärken. Er möchte erreichen, dass die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in Politik und Gesellschaft deutlich ernster genommen werden. „Wir müssen davon weg, immer nur über Kinder und Jugendliche zu sprechen und stattdessen mit ihnen ins Gespräch kommen.“, betont Holger Paech. So ist es ihm wichtig, möglichst nah an der Lebenswelt der Kinder dran zu sein. Dafür erhofft er sich viele Kennenlernen vor Ort. Landesweit nimmt er dafür gern Einladungen von Kindern und Jugendlichen entgegen, die seine Unterstützung für die Umsetzung von Projekten oder auch Hilfe bei Problemen benötigen. Außerdem fungiert Holger Paech als Geschäftsstelle für die Landeselternvertretung der Kindergärten und hat so auch die Interessen der Kleinsten im Blick.
Dass es ihm sehr ernst damit ist, die Meinung der Kinder in der Politik präsenter werden zu lassen, hat er mit einer ersten Onlineveranstaltung unter Beweis gestellt. Unter dem Titel „Gemeinsam durch die Corona-Krise – Jugend & Politik im Gespräch“ gelang es ihm Ende vergangenen Jahres mit dem Verein KinderStärken und mit Unterstützung des Kinder- und Jugendrings Sachsen-Anhalt eine Online-Konferenz mit mehr als 40 Heranwachsenden durchzuführen. Mit den Jugendlichen, ab Klasse fünf, diskutierten etwa 70 Vertreter;innen aus Politik und Verwaltung sowie Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Unter ihnen auch Mitglieder des Landtages und die Kinderbeauftragten aus Magdeburg, Halle und Stendal. In kleinen Arbeitsgruppen wurde mit den Heranwachsenden intensiv über die Auswirkungen der Einschränkungen durch die Pandemie gesprochen, dabei spielten unter anderem die Themen Schule, Familie und Freizeit, Digitalisierung sowie Kinder- und Jugendhilfe eine wichtige Rolle. Einige Ergebnisse aus den Gesprächsrunden haben wir auf der rechten Seite festgehalten.
Getreu dem Motto nicht nur reden, sondern machen, hat Holger Paech die Ergebnisse der Online-Konferenz nicht nur an die im Landtag vertretenen Parteien, an alle Ministerien, den Städte- und Gemeindebund und die kommunalen Kinderbeauftragten mit Bitte um Handlung weitergesendet. Er hat sich auch selbst einem konkreten Schwerpunkt angenommen und möchte sich dafür einsetzen, dass die Kinder nach dem 4-Stufen-Plan der Deutschen Sportjugend wieder den Vereinssport besuchen dürfen. Die fehlende Bewegung war ein wichtiger Kritikpunkt während der Unterhaltungen. Losgelöst davon plant er bis zum Sommer 2021 ein Arbeitsgremium zu bilden, welches sich gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern stark macht. Viel zu tun also, wir bleiben dran, wie sich seine Arbeitsideen entwickeln. (kp)
Kontakt: Anfrage werden jederzeit gern über holger.paech@ms.sachsen-anhalt.de, kinder-und-jugendbeauftragter@ms.sachsen-anhalt.de oder per Telefon unter 0391/5674041 entgegengenommen.
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Kinder hangelnd
Many kids climbing up the rope illustration
Was wünschen sich Jugendliche von der Politik im Rahmen der Corona-Einschränkungen? Es folgt ein Auszug aus den Ergebnissen der Onlineveranstaltung „Gemeinsam durch die Corona-Krise – Jugend & Politik im Gespräch“.
So sehen wir das:
unterschiedliches Vorgehen an Schulen führt zu Verunsicherung/Gefühl einer gesunkenen Unterrichtsqualität
Lüften in Klassenräumen verkürzt Unterrichtszeit und kühlt den Raum deutlich aus
Aufenthalte zuhause wirken sich negativ auf körperliche Fitness und Gemeinschaftsgefühl aus
Mobilitätsprobleme durch Ausfälle im ÖPNV
Anti-Corona-Demonstrationen wurden als beängstigend empfunden.
Gefahr von steigender Jugendarbeitslosigkeit sowie Kinderarmut wird gesehen
mangelnde digitale Kompetenzen auf allen Ebenen
Schließungen von Einrichtungen wie Jugendzentren sind belastend
Fachkräfte haben Schwierigkeiten, Einschränkungen zu erklären/sind in Konzipierung nicht eingebunden
große Belastung für Kinder und Jugendliche in Heimeinrichtungen, da sie ihre Familien sowie Kontaktpersonen außerhalb der Einrichtung nur eingeschränkt sehen können
Das könnte anders laufen
neues Schulfach "Medienpädagogik" einrichten, verstärkte Vermittlung von Medienkompetenzen, etwa zum Umgang mit Online-Tools
bessere Möglichkeiten für Online-Lerngruppen, Clouds für Lehrinhalte sowie verstärkte Nutzung von YouTube
in der Schule konkrete Ansprechpartner für Probleme etablieren
flächendeckende Ausstattung von Schulen mit modernen Lüftungssystemen
Möglichkeiten für reale Treffen im öffentlichen Raum erhalten (mit allen notwendigen Hygiene-Auflagen)
mehr Bewegungsmöglichkeiten im Freien schaffen
Maßnahmen nachvollziehbar machen und besser erklären/Widersprüche vermeiden
Einrichtung eines Förderfonds für digitale Ausstattungen in der Ehrenamts- und Vereinsarbeit sowie für Jugend-Beteiligungsformate
bessere gesellschaftliche Anerkennung sowie Ausstattung für Arbeit in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe
Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe sowie Interessensvertretungen der Jugendlichen an der Entwicklung von Maßnahmen stärker beteiligen
Angebote zur Entlastung und Unterstützung von jungen Menschen sowie Familien mit Kindern erhalten