Foto: Anna Kummer
Therapeutisches Reiten
Tiere sind für viele Menschen aus ihrem Alltag nicht mehr wegzudenken: Sie vermitteln Geborgenheit, bringen uns zum Lachen und können in medizinischer Hinsicht wahre Wunder vollbringen.
Genau wie wir Menschen kommunizieren auch Tiere – sowohl bewusst als auch unbewusst – über ihre Körpersprache. Doch sie verfügen zusätzlich über zwei Eigenschaften mit denen wir Menschen uns meist schwer tun: Sie sind vorbehaltlos und absolut wertungsfrei. Somit spielen für sie Charakteristika wie Alter, Geschlecht, Hautfarbe oder körperliche und geistige Fähigkeiten keine Rolle. Die feinfühligen Lebewesen nehmen jegliche Gefühlszustände über Mimik, Gestik, Körperhaltung und Stimmfarbe wahr.
„Tiere wirken allein schon durch ihre bloße Anwesenheit positiv, wenn nicht sogar beruhigend auf Kinder, Jugendliche und Erwachsene“, erzählt Janine Bornkampf vom Waldreitsport Heinrichshorst e.V in Rogätz. Sie bietet auf ihrem Hof das so genannte „Heilpädagogische Voltigieren“ an und setzt neben ihren Pferden auch auf andere tierische Therapeuten wie Hasen und Katzen.
Auch Marion Eisemann vom Jugendhilfeverbund Magdeburg ist begeistert von den Vierbeinern. Sie ist vom Pferd als „wertfreier Erzieher“ überzeugt, mit dem sich verschiedene Sozialkompetenzen schulen lassen. Gemeinsam mit bindungsgestörten bzw. traumatisierten Kindern zwischen sieben und zwölf Jahren besucht sie einmal im Monat den Hof von Janine Bornkampf zum Voltigieren.
So werde vor allem das Verantwortungsbewusstsein gefördert, indem die Kinder beim Putzen auf gegenseitige Hilfe angewiesen sind oder sich beim Führen des Pferdes aufeinander verlassen müssen. „In Anwesenheit der Pferde können unsere Kinder bestimmte Regeln leichter akzeptieren, sie sind aufmerksamer, weniger aggressiv und überwinden die ein oder andere Angst.“, sagt Marion Eisemann. Das Sitzen auf dem Pferderücken kann nicht nur die Körperhaltung sondern auch jegliche Körper-Koordination verbessern.
„Da Pferde einen ähnlichen Bewegungsablauf wie wir Menschen haben, wird durch ihren Gang der menschliche Muskeltonus reguliert (An- und Entspannung), wodurch sich sogar Spastiken lösen lassen“, erklärt Janine Bornkampf. Außerdem könne durch das Putzen der Tiere zum Beispiel die Augen-Hand-Motorik verbessert werden. Einmal im Jahr besucht Janine Bornkampf mit ihren Pferden sogar das Kinderhospiz Magdeburg der „Pfeifferschen Stiftung“, um auch bettlägerige Patienten zu therapieren.
Grundsätzlich kann aber jedes Tier eine Therapie positiv beeinflussen. Besonders geeignet sind jedoch Hunde, Pferde und Alpakas, die eine ähnliche Wirkung wie Delfine haben sollen. Wahrnehmungs-, Sprach- und Angststörungen, Verhaltensauffälligkeiten und Lernschwächen sowie emotionale und soziale Probleme können mit einer tiergestützten Therapie behandelt werden. Zum Beispiel können Kinder, die gemobbt wurden, durch die Arbeit mit Tieren lernen wieder selbstbewusst aufzutreten und durch bloßes Streicheln eines Hundes sind Blockaden lösbar, die Probleme beim Sprechen verursachen.
Leider übernehmen Krankenkassen bisher nur selten die Therapiekosten. Nichtsdestotrotz sind tierische Therapeuten wahre Multitalente, die uns Menschen ganzheitlich, das heißt motorisch, emotional, kognitiv und sozial fördern können und somit unsere Lebensqualität verbessern.